Jagdgenossenschaften im Dialog

Jagdgenossenschaften ermöglichen die gemeinsame Zielerreichung verschiedener Grundbesitzender und Landbewirtschaftender. Sie unterstützen die Zusammenarbeit in der Landnutzung und vermitteln bei Konflikten. Allerdings stehen Jagdgenossenschaften aktuell vor vielen strukturellen und politischen Herausforderungen. Neben dem Klimawandel und den damit verbundenen Folgen für den Wald und die Jagd gehören dazu vielfältige Nutzungsansprüche an natürliche Ressourcen sowie Veränderungen des ländlichen Raums.

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Ziel des Projekts "Jagdgenossenschaften im Dialog" war es die Jagdgenossenschaften in Baden-Württemberg in ihrer Eigenverantwortung zu stärken und bei ihrer Zielerreichung zu unterstützen sowie die Zusammenarbeit zwischen den am Wildtiermanagement beteiligten Interessengruppen zu fördern. Folgende Inhalte wurden im Projekt untersucht bzw. entwickelt:

  • Status quo der Jagdgenossenschaften sowie deren Beziehungen
  • aktuelle Herausforderungen und Probleme von Jagdgenossenschaften
  • Ziele der Jagdgenossenschaften und Einflussfaktoren auf die Zielerreichung
  • Unterschiede zwischen selbst- und kommunalverwalteten Jagdgenossenschaften
  • Umsetzung und Erfolg der Rehwildbewirtschaftung ohne behördlichen Abschussplan
  • konkrete Handlungsempfehlungen, Lösungsansätze und Praxishilfen für Jagdgenossenschaften

Hierfür wurden Befragungen von selbst- und kommunalverwalteten Jagdgenossenschaften, unteren Jagdbehörden, Forstrevierleitenden, Landbewirtschaftenden und Jagdausübenden sowie weiteren Akteuren durchgeführt, die mit Jagdgenossenschaften in Verbindung stehen. Darüber hinaus wurden mit den Vorständen einzelner Jagdgenossenschaften Interviews sowie ein Workshop durchgeführt. Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Projekt wurden in verschiedenen Medien veröffentlicht.

Das Projekt wurde von September 2019 bis Dezember 2021 an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel und FVA-Wildtierinstitut) bearbeitet. Die Untersuchungsergebnisse des Projekts sowie die entwickelten Handlungsempfehlungen und Praxishilfen für Jagdgenossenschaften werden in Kürze hier im Wildtierportal veröffentlicht, wo diese dauerhaft interessierten Personen zur Verfügung stehen werden.

Ziele, Strukturen & Kommunikation

Informationen über die befragten Personengruppen

Befragung von Jagdgenossenschaften und Unteren Jagdbehörden

In Baden-Württemberg existieren rund 1.600 Jagdgenossenschaften von denen 29% (463) selbstverwaltet sind (Stand 2021). Der Anteil selbstverwalteter Jagdgenossenschaften unterscheidet sich in den einzelnen Stadt- und Landkreisen deutlich und reicht von 0% bis 100%, wobei 100% lediglich in zwei Stadtkreisen erreicht werden, deren einzige Jagdgenossenschaft selbstverwaltet ist. Schwerpunkte der Selbstverwaltung befinden sich im Osten Baden-Württembergs sowie im Schwarzwald. Insbesondere in den Land- und Stadtkreisen in der Landesmitte werden die Jagdgenossenschaften von den Gemeinden verwaltet. Die Anzahl der selbstverwalteten Jagdgenossenschaften hat sich dabei in den vergangenen zehn Jahren nicht verändert (Müller et al. 2013). 

An der Befragung der Jagdgenossenschaften nahmen 106 Jagdvorstände teil. Davon waren 61 Vorstand oder Vertreter/in einer selbstverwalteten und 42 einer kommunalverwalteten Jagdgenossenschaft (drei machten dazu keine Angabe). Diese werden im Folgenden mit dem gängigen Begriff Jagdvorstand bezeichnet. Umgerechnet auf die Gesamtzahl der Jagdgenossenschaften in Baden-Württemberg nahmen knapp 13% aller selbstverwalteten und 4% aller kommunalverwalteten Jagdgenossenschaften teil.

Die teilnehmenden Jagdgenossenschaften liegen in 29 verschiedenen Stadt- und Landkreisen und haben meist zwischen 100 und 250 Mitglieder, wobei kommunalverwaltete Jagdgenossenschaften signifikant mehr Mitglieder haben als selbstverwaltete. In den teilnehmenden Jagdgenossenschaften sind Landbewirtschaftende im Nebenerwerb die personenstärkste Gruppe, gefolgt von Landbewirtschaftenden im Haupterwerb und Privatwaldbesitzenden mit weniger als 20 Hektar. Die Flächengröße der Jagdgenossenschaften reicht von knapp 150 Hektar bis mehreren tausend Hektar, im Mittel beträgt die Flächengröße 975 Hektar. Auch hier umfassen kommunalverwaltete Jagdgenossenschaften signifikant größere Flächen als selbstverwaltete. Die Flächen werden in 60% der Jagdgenossenschaften überwiegend landwirtschaftlich und in 12% überwiegend forstwirtschaftlich genutzt. Bei 24% sind die Wald- und Freiflächen in etwa gleich verteilt. Von den 44 Unteren Jagdbehörden in Baden-Württemberg nahmen alle an der Umfrage teil.

Befragung von assoziierten Akteuren

Jagdgenossenschaftsmitglieder, Jagdpachtende und Jagdausübende, Forstrevierleitende, Landbewirtschaftende sowie alle weiteren Personen mit Interesse an Jagdgenossenschaften konnten an einer öffentlich zugänglichen Online-Umfrage teilnehmen (im Folgenden als assoziierte Akteure bezeichnet). Die Internetadresse der Umfrage wurde über die Landwirtschafts- und Jagdgenossenschaftsverbände sowie über den Landesjagdverband verbreitet und auf der Projekthomepage veröffentlicht.

Insgesamt 206 Personen beendeten die Umfrage. Etwa die Hälfte der Teilnehmenden war Mitglied einer Jagdgenossenschaft, die andere Hälfte bestand aus Jagdpachtenden und Jagdausübungsberechtigten, Forstrevierleitenden und einzelnen weiteren Akteuren, wie Naturschützenden oder Bewirtschaftenden. Unter den teilnehmenden Jagdgenossenschaftsmitgliedern sind viele, die gleichzeig auch Jagdausübende sind. Nur fünf Personen gaben an, ausschließlich Mitglieder in einer Jagdgenossenschaft zu sein und sonst keiner Akteursgruppe anzugehören (Tabelle 1).

Tabelle 1: Jagdgenossenschaftsmitgliedschaft und Akteursgruppen (Befragung von mit Jagdgenossenschaften assoziierten Akteuren in Baden-Württemberg, n = 202)

Akteursgruppen

Befragte mit Jagdgenossenschafts­mitgliedschaft (n = 105)

Befragte ohne Jagdgenossenschafts­mitgliedschaft (n = 97)

Bewirtschaftende

85%

4%

Jagdpachtende/

Jagdausübungsberechtigte

63%

90%

Forstrevierleitende

7%

5%

Sonstige

11%

14%

 

Von den Befragten bezogen 21% ihre Antworten auf eine selbstverwaltete Jagdgenossenschaft, 69% auf eine kommunalverwaltete und 10% wussten dies nicht oder machten hierzu keine Angaben. Dies ist ein deutlicher Kontrast zu der Befragung der Jagdvorstände, an der überwiegend Jagdvorstände selbstverwalteter Jagdgenossenschaften teilnahmen.

Zusammenfassend fällt auf, dass an der Umfrage sehr viele Jagdausübende teilgenommen haben. Auch unter den Jagdgenossenschaftsmitgliedern konnten überwiegend diejenigen erreicht werden, die einen Jagdschein besitzen. Zum einen könnte der Aufruf zur Teilnahme durch den Landesjagdverband verstärkt wahrgenommen worden sein, zum anderen besteht möglicherweise ein höheres Interesse an den Belangen der Jagdgenossenschaft seitens der Mitglieder, die gleichzeitig Jagdausübungsberechtigte sind.

Von den Jagdgenossenschaftsmitgliedern unter den Befragten besitzen 59% innerhalb der Jagdgenossenschaft eine Fläche, die kleiner als fünf Hektar ist (Abbildung 1). Etwa 70% gaben an, die Fläche alleine zu besitzen, die restlichen 30% besitzen die Fläche gemeinsam mit anderen Personen.

Abbildung 1: Größe der Flächenanteile der befragten Mitglieder innerhalb ihrer Jagdgenossenschaft (Befragung von mit Jagdgenossenschaften assoziierten Akteuren in Baden-Württemberg, n = 98)

Etwa 42% der Teilnehmenden gaben an, dass die Jagdgenossenschaften, auf die sie sich beziehen, überwiegend oder fast ausschließlich landwirtschaftliche Flächen umfasst, bei 32% sind die Flächen überwiegend oder fast ausschließlich mit Wald bestockt, in 26% der Fälle sind land- und forstwirtschaftliche Flächen gleichverteilt.

Insgesamt 60 Personen sind auch Bewirtschaftende von Flächen einer Jagdgenossenschaft. Von diesen bewirtschaften 45% Wald, 25% vor allem Acker- und Feldflächen und 18% überwiegend Weide- und Grünland. Außerdem genannt wurden Obstbau (5%) und Weinbau (2%) oder Sonderkulturen wie Hopfen und Spargel (5%).

Ziele und Zielerreichung

Ziele und Zielerreichung

Die Jagdvorstände sollten angeben, wie wichtig ihnen verschiedenen Zielsetzungen für ihre Jagdgenossenschaft sind. Fast allen ist ein gutes Verhältnis zu den Interessengruppen wichtig. Dieses Ziel rangiert noch vor ökonomischen Interessen wie der Produktion von Holz und landwirtschaftlichen Gütern. Als besonders wichtig wurde zudem das Ziel Wildschäden im Feld und im Wald zu verringern eingestuft. Auch den Verwaltungsaufwand zu verringern wurde von fast 75% der Jagdvorstände als wichtig erachtet, ebenso die Anpassung des Waldes an den Klimawandel (Abbildung 2).

Abbildung 2: Wichtigkeit von Zielen (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, n = 106)

In Abbildung 3 ist dargestellt, welcher Anteil der Jagdgenossenschaften, deren Vorstände das jeweilige Ziel in der vorherigen Frage als wichtig eingestuft haben, dieses auch erreichen.

Abbildung 3: Zielerreichung der zuvor priorisierten Ziele (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, n = siehe Achsenbeschriftung)

Fast 80% der Jagdvorstände gaben an, das Ziel eines guten Verhältnisses zu den Interessengruppen zu erreichen. Auch bei den Einnahmen aus der Verpachtung und dem Erhalt der Erholungsfunktion kommt zu es wenig Schwierigkeiten. Die größten Probleme bestehen bei der Verjüngung der Hauptbaumarten ohne Schutz und dem Verhindern von Wildschäden im Feld. Auch die Ziele den Wald an den Klimawandel anzupassen und den Naturschutz zu fördern werden in den meisten Jagdgenossenschaften nicht oder nur teilweise erreicht. Das Ziel, den Verwaltungsaufwand zu verringern, wird ebenfalls von fast 50% der Jagdgenossenschaften nur teilweise bis gar nicht erreicht.

Abbildung 4: Arbeitszeit der Jagdvorstände pro Monat (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, n = 106)

Dass der Verwaltungsaufwand für die Jagdgenossenschaften sehr unterschiedlich ausfällt, zeigt die Frage nach der Zeit, welche die Jagdvorstände im Durchschnitt pro Monat als Vorstand investieren (Abbildung 4). Zwischen Kommunal- und Selbstverwaltung konnte hierbei kein Unterschied festgestellt werden.

Über alle Ziele hinweg erreichen 53% der teilnehmenden Jagdgenossenschaften ihre Ziele, 41% teilweise und 6% nicht.

Mithilfe einer Faktoranalyse wurde geprüft, ob sich die Jagdvorstände in Gruppen einteilen lassen, denen bestimmte Ziele besonders wichtig sind. Ergebnis sind drei unterschiedliche Zieltypen. In der zweiten Gruppe war dabei der Anteil kommunalverwalteter Jagdgenossenschaften signifikant höher (siehe Tabelle 2):

  • 1) Jagdgenossenschaften mit Priorisierung forstwirtschaftlicher Ziele
  • 2) Jagdgenossenschaften mit Priorisierung ökologischer und sozialer Ziele
  • 3) Jagdgenossenschaften mit Priorisierung landwirtschaftlicher Ziele

Tabelle 2: Ergebnisse der Faktoranalyse zu den Zieltypen (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, n = 106)

Ziele

Zieltypen

 

1)

2)

3)

Verjüngung der Hauptbaumarten ohne Schutz

0,872

   

Produktion von Holz

0,725

 

 

Wildschäden im Wald verringern

0,589

 

 

Naturschutz fördern

 

0,922

 

Erholungsfunktion erhalten

 

0,640

 

Den Wald an den Klimawandel anpassen

 

0,597

 

Wildschäden im Feld verringern

 

 

0,947

Produktion von landwirtschaftlichen Gütern

   

0,532

Einnahmen aus der Verpachtung erzielen

   

0,326

 

Bedeutung der Ziele getrennt nach Verwaltungsform

Unterschiede bei der Zielsetzung zeigt auch eine Auswertung getrennt nach Verwaltungsform. Den kommunalverwalteten Jagdgenossenschaften sind ökonomische Ziele weniger wichtig (wie Einnahmen aus der Verpachtung und die Produktion von Holz und landwirtschaftlichen Gütern). Die größten Unterschiede bestehen bei der Einschätzung hinsichtlich der Schutz- und Erholungsfunktionen. Den kommunalverwalteten Jagdgenossenschaften ist es wichtiger den Naturschutz zu fördern und die Erholungsfunktion zu erhalten. Auch beim Ziel der Klimawandelwandelanpassung der Wälder besteht diese Tendenz.

Die Hauptbaumarten ohne Schutz zu verjüngen und Wildschäden im Wald zu verringern wird hingegen in beiden Verwaltungsformen als wichtig empfunden. Genauso schätzen sowohl Vorstände kommunal- als auch selbstverwalteter Jagdgenossenschaften ein gutes Verhältnis zu den Interessengruppen und die Verringerung des Verwaltungsaufwandes ähnlich hoch ein. Auffällig ist, dass die Jagdvorstände kommunalverwalteter Jagdgenossenschaften sehr viel häufiger „weiß nicht“ angegeben haben.

Netzwerke, Informiertheit, Austausch und Stimmung

Netzwerke

In den meisten selbstverwalteten Jagdgenossenschaften setzt sich der Vorstand aus mehreren Personen zusammen, wohingegen in den kommunalverwalteten Jagdgenossenschaften diese Aufgabe meist von einer Person übernommen wird. Insgesamt zeigt sich hinsichtlich der Stimmung innerhalb der Jagdgenossenschaften ein positives Bild.

Abbildung 5: Ansprechpartner der Jagdgenossenschaften (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, Mehrfachantworten möglich, n = 195).

Mehr als 65% der Jagdvorstände bezeichnen die Stimmung als gut bis sehr gut, nur in weniger als 5% der Fälle ist die Stimmung nach Einschätzung der Befragten eher negativ.

Die Unteren Jagdbehörde wurden von mehr als 74% der Befragten als erste Ansprechpartnerin genannt. Dies deckt sich mit den Antworten der Unteren Jagdbehörden, welche häufig angaben, regelmäßig in Kontakt mit den Jagdgenossenschaften zu stehen. Die Untere Forstbehörde ist die zweitwichtigste Ansprechpartnerin, erst mit einigem Abstand wurden die Jagdgenossenschafts- und Bauernverbände genannt (Abbildung 5).

 

Von den Jagdvorständen gaben 53% an, in keinem Verband Mitglied zu sein, etwa 30% sind Mitglied im Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer Baden-Württemberg und etwa 12% im Arbeitskreis Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (Abbildung 6). Die kommunalverwalteten Jagdgenossenschaften sind deutlich seltener Mitglieder in einem der Verbände.

Abbildung 6: Verbandsmitgliedschaften der Jagdgenossenschaften (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, Mehrfachantworten möglich, n = 106).

Informiertheit und Austausch

Dass Informationen und Kenntnisse ein wichtiger Faktor sind, zeigt sich bei der Frage nach der Informiertheit über die rechtlichen Belange der Jagdgenossenschaft: Es besteht ein signifikanter Zusammenhang mit dem Erreichen ökonomischer Ziele, wie der Verjüngung der Hauptbaumarten ohne Schutz oder der Verringerung von Wildschäden. Die Jagdgenossenschaften, welche sich besser informiert fühlen, können ihre Ziele besser erreichen.

Insgesamt gaben allerdings nur 45% der teilnehmenden Jagdvorstände an, sich gut über die rechtlichen Belange informiert zu fühlen. Etwa 40% gaben an, sich nur teilweise informiert zu fühlen und fast 15% fühlen sich schlecht informiert. Auch von den befragten Jagdgenossenschaftsmitgliedern unter den assoziierten Akteuren gaben nur 54% an, sich über die Rechte und Pflichten der Jagdgenossenschaft gut informiert zu fühlen, 23% nur teilweise und ebenso viele schlecht.

Um die inneren (Verwaltungs-)Strukturen der Jagdgenossenschaften noch besser einordnen zu können, sollten die Jagdvorstände Aussagen zu ihrer Arbeit als Jagdvorstand bewerten (Abbildung 7).

Abbildung 7: Aussagen zur Verwaltung der Jagdgenossenschaften (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, n = 106)

Demnach bewerten die Jagdvorstände die Möglichkeit zur Abstimmung mit Jagdausübenden und Mitgliedern insgesamt sehr positiv, verlassen sich allerdings nicht in allen Entscheidungen auf sie. Aus den Einschätzungen geht auch hervor, dass es für viele Jagdvorstände schwierig ist, ihre Mitglieder zu kontaktieren und Informationen zu beziehen. Auch gaben nur knapp zwei Drittel der Jagdvorstände an, sich mit den die Jagdgenossenschaft betreffenden Formalitäten gut auszukennen. Analysiert man diese Ergebnisse getrennt nach Verwaltungsform, fällt auf, dass die Abstimmung mit den Mitgliedern häufiger in den kommunalverwalteten Jagdgenossenschaften als aufwendig wahrgenommen wird.

Stimmig hiermit ist, dass nach Angabe der teilnehmenden Jagdgenossenschaftsmitglieder die selbstverwalteten Jagdgenossenschaften zu 76% alle ein bis drei Jahre zu einer Mitgliederversammlung einladen. Dies ist nur bei 18% der kommunalverwalteten der Fall, diese berufen zu 33% seltener als alle neun Jahre eine Mitgliederversammlung ein.

Stimmung

Die Unterschiede zwischen selbst- und kommunalverwalteten Jagdgenossenschaften zeichnen sich auch bei der Frage nach der Stimmung innerhalb der Jagdgenossenschaft ab. Etwa 80% der Jagdvorstände selbstverwalteter und nur 49% der Jagdvorstände kommunalverwalteter Jagdgenossenschaften schätzten die Stimmung innerhalb der Jagdgenossenschaft als gut ein. Etwa 39% der kommunalverwalten Jagdgenossenschaften gaben an, dass die Stimmung innerhalb der Jagdgenossenschaften nur teilweise gut sei, bei den selbstverwalteten waren dies nur 16%. Schlecht ist die Stimmung nur in insgesamt fünf Jagdgenossenschaften, von denen drei kommunalverwaltet und zwei selbstverwaltet sind. Auch hier decken sich die Angaben mit denen der Jagdgenossenschaftsmitglieder: Teilnehmende, die Mitglieder einer selbstverwalteten Jagdgenossenschaft sind, gaben deutlich häufiger an, dass die Stimmung in ihrer Jagdgenossenschaft gut sei (Abbildung 8).

Abbildung 8: Stimmung innerhalb der Jagdgenossenschaften getrennt nach Verwaltungsart (Befragung von mit Jagdgenossenschaften assoziierten Akteuren in Baden-Württemberg, Teilgruppe der Jagdgenossenschaftsmitglieder, n = siehe Achsenbeschriftung)

Auch die Stimmung zwischen der Jagdgenossenschaft und den Jagenden wurde überwiegend als gut bewertet, wie die Ergebnisse der Umfrage unter den assoziierten Akteuren zeigen: Die Stimmung wurde von 62% der Befragten als gut beschrieben. Knapp 27% gaben an die Stimmung sei weder gut noch schlecht und nur 6% schätzten das Verhältnis von Jagausübungsberechtigten und Jagdgenossenschaft als schlecht ein.

Herausforderungen und Lösungsvorschläge

Herausforderungen und Lösungsvorschläge

Die teilnehmenden Jagdvorstände wurden gefragt, welche Unterstützung sie sich für Ihre Arbeit wünschen und konnten dazu offene Angaben machen. Auch darüber hinaus machten viele der Teilnehmenden von der Möglichkeit Gebrauch, weitere Anmerkungen einzutragen. Die eingegebenen Texte konnten in Herausforderungen und Lösungsvorschläge eingeteilt werden.

Die Herausforderungen umfassen strukturelle, rechtliche und das Wild betreffende sowie Herausforderungen, die den Austausch und den Wissenstransfer betreffen. Auch Angaben zu Konflikten mit verschiedenen Akteuren (wie Jagdausübenden, Behörden und Erholungssuchenden) wurden hier zugeordnet. Die Lösungsvorschläge umfassten ähnliche Themen wie die Herausforderungen, im Einzelnen Informations- und Wissenstransfer, rechtliche Änderungen sowie Kommunikation und Absprachen.

Strukturelle Herausforderungen

Die Jagdvorstände erwähnten Herausforderungen hinsichtlich des Agrarstrukturwandels und der sich wandelnden Mitgliederstruktur: „Die meisten Jagdgenossen sind weder aktive Land- oder Forstwirte, sondern einfach nur Eigentümer, die meist keinen Bezug zur Landbewirtschaftung haben und denen die Belange der Jagdgenossenschaft oder der tatsächlichen Landnutzer oder Jäger unbekannt/egal sind“, so einer der Teilnehmenden. Auch auf die Überforderung der vielfach im Ehrenamt übernommenen Aufgaben durch eine zunehmende Bürokratisierung wurde mehrfach hingewiesen. Hinzu komme, dass es immer schwieriger sei „örtliche Jagdpächter zu finden“ oder landwirtschaftliche Reviere aufgrund steigender Schwarzwildbestände zu verpachten. An einer Stelle wird anschaulich auf die „Mehrfachnutzung ein und derselben Fläche“ durch Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz, Jagd und Erholung hingewiesen, die verstärkt zu Konflikten führe.

Das Wild betreffende Herausforderungen

Es sind in erster Linie die Schwarzwildbestände, die den Jagdvorständen Sorge bereiten. Alle das Wild betreffende Anmerkungen beziehen sich auf Schwarzwildbestände, die „auch revierübergreifend [für] viel Ärger und Frust“ sorgen. Mit den steigenden Schwarzwildbeständen würden nicht nur steigende Schäden, vor allem auf landwirtschaftlichen Flächen, einhergehen, sondern auch eine zunehmende Gefahr der Ausbereitung der Afrikanischen Schweinepest. Im Zusammenhang mit den steigenden Schwarzwildpopulationen wurden auch rechtliche Änderungen im Hinblick auf die gemeinschaftliche Wildschadensregulierung gefordert.

Rechtliche Herausforderungen

Rechtliche Herausforderungen wurden besonders häufig genannt. Die Bürokratie steht hierbei an erster Stelle. So sei zum Beispiel „der Aufwand zur Durchführung einer Jagdgenossenschaftsversammlung sehr hoch“. Die Ermittlung der Mitglieder sei schwierig, da diese den Jagdvorständen teilweise unbekannt seien. Besonders häufig wurden in diesem Zusammenhang die Datenschutzbestimmungen, wie auch die Kosten für das Jagdkataster erwähnt. Es sei „nicht zumutbar“, so ein Kommentar, „dass wir anlässlich jeder Versammlung 600 Euro für ein aktuelles Jagdkataster ausgeben“. Im Wildtierportal Baden-Württemberg sind daher Entlastungen für die Jagdgenossenschaften geplant.

Nicht nur die Einberufung einer Versammlung, sondern auch das Abstimmungsverfahren berge Schwierigkeiten – insbesondere, wenn Uneinigkeit herrsche. Zum Beispiel sei durch die „gesetzliche Regelung der doppelten Mehrheitsfassung (Anzahl vertretene Mitglieder und Anzahl vertretene Fläche) eine Mehrheitsfindung sehr schwierig und in bestimmten Fällen tatsächlich unmöglich“. Erschwerend käme bei den Abstimmungen hinzu, dass es einen „hohen Anteil von Flurstücken mit mehreren Eigentümern (z. B. Erbengemeinschaft)“ gebe. Dies erschwere die Ermittlung des Abstimmungsergebnisses enorm, „besonders bei strittigen Fragen“. Das für diesen Fall vorgeschriebene Verfahren sei „extrem zeitaufwendig und anfällig für Fehler“.

Konflikte

Der Kategorie „Konflikte mit Jagenden“ konnten nur zwei Textpassagen zugeordnet werden. In diesen wird beschrieben, dass vor allem die Konflikte der Jagenden untereinander als bedenklich eingeschätzt werden, beziehungsweise dass oft das gegenseitige Verständnis zwischen Jagenden und Bewirtschaftende fehle. Seitens der Jagdvorstände werden keine Konflikte zwischen den Jagdgenossenschaften und den Jagdausübenden erwähnt. Im Gegenteil wird das gute Einvernehmen zwischen Jagdgenossenschaften und Jagdausübungsberechtigten vielmehr an mehreren Stellen betont.

Dafür scheint es umso häufiger Ärger über den zunehmenden Erholungsdruck bei den Jagdvorständen zu geben: „Die Jagd wird durch das Freizeitverhalten stark beeinträchtigt“. So würden die Erlöse der Jagdpacht für öffentliche Belange wie „den Wegebau oder [den] Rückschnitt von Waldrändern“ ausgegeben, die dann von „Mountainbikern, Reitern, Joggern und sonstigen Freizeitsportlern genutzt [würden] als ob sie die Haupteigentümer wären“. Auch wird bemängelt, dass eine Nutzung der Flächen für „sportliche Veranstaltungen, die über den normalen Freizeitsport hinausgehen“, wie Marathonläufe, Bike-Marathons oder auch die Anlage von Mountainbike-Trails nicht mit den Grundstückseigentümern abgesprochen werde.

Die meisten Konflikte beziehen sich auf Unstimmigkeiten mit den Behörden. Beispielsweise wird das Verhalten der „Jagdbehörde in Bezug auf die Einhaltung bzw. [den] Fortbestand von Jagdtauschverträgen“ mehrfach als „restriktiv“ beurteilt. Dies erschwere laut Aussagen der Befragten sowohl die Ausübung der Jagd als auch das Erzielen „adäquate[r] Jagdpachtpreise“. Insbesondere die hohe Dynamik in den Schwarzwildbeständen mache eine Änderung der Flächenstruktur notwendig „um eine bessere Bejagung der Wildschweine zu erreichen“. Es wird der Wunsch deutlich, dass sich die „Forstbehörde […] besser mit der Jagdgenossenschaft zusammenschließen" sollte und die Jagdgenossenschaften bei Änderungen der Nutzung, wie zum Beispiel bei der Anlage von Ruhewäldern, stärker mit einbezogen werden sollten. Ähnliche Äußerungen lassen sich auch in Bezug auf die Anlage von Mountainbike-Trails oder die Ausweisung von Parkplätzen finden.

Auch Konflikte zwischen den Mitgliedern von Jagdgenossenschaften zeichnen sich ab und spiegeln sich in der Forderung nach rechtlichen Veränderungen beim Wildschadensausgleich wider. An mehreren Stellen wird deutlich, dass es unterschiedliche Sichtweisen hinsichtlich der Verteilung der Kosten und der Regelungen beim Wildschadensausgleich gibt, je nachdem ob die betreffenden Personen forstliche oder landwirtschaftliche Flächen bewirtschaften.

Informations- und Wissenstransfer

An mehreren Stellen wird deutlich, dass sich die Jagdvorstände nicht ausreichend informiert fühlen, sowohl seitens der Jagdgenossenschaftsverbände als auch seitens der Behörden. Bei den Lösungsvorschlägen wird der Wunsch nach Unterstützung und fachlichen Informationen am häufigsten genannt. Außerdem wird der Wunsch nach einer vereinfachten Erstellung des Jagdkatasters sehr deutlich sowie eine Reduzierung oder Abschaffung der damit verbundenen Kosten. Neben dem Vorschlag „Schulungen für Jagdvorstände“ einzuführen wird auch eine stärkere Unterstützung und ein breites Beratungsangebot seitens der Behörden gefordert.

Rechtliche Änderungen

Auch der Kategorie „rechtliche Änderungen“ konnten verhältnismäßig viele Textpassagen zugeordnet werden. Diese betreffen in erster Linie eine Entbürokratisierung. Die Änderungen im Jagd- und Wildtiermanagementgesetz hätten laut der Befragten keinen Fortschritt gebracht, sie seien „zu bürokratisch, zu aufwendig“. Mehrfach wird in diesem Zusammenhang die Pflicht zur Versammlung bei der Pachtneuvergabe erwähnt – „dies sollte nicht alle sechs Jahre nötig sein“. Diese Vorgabe wurde inzwischen novelliert, so dass die Pflicht zur Versammlung bei Pachtänderungen entfällt (§ 2 DVO JWMG).

Kommunikation und Absprachen

In einer Jagdgenossenschaft wird die jährlich stattfindende Mitgliederversammlung genutzt, um in Anwesenheit der Jagdpachtenden Probleme so lange zu behandeln „bis man sich einig ist“. Es wird deutlich, dass sich in vielen Jagdgenossenschaften individuelle Absprachen und Verfahrensweisen etabliert haben. So sind in einer Jagdgenossenschaft zum Beispiel über den Jagdpachtvertrag hinaus zusätzliche Regelungen getroffen worden. „Die Jagdausübenden werden zur Teilnahme und/oder Durchführung von revierübergreifenden Drückjagden verpflichtet“ und im Gegenzug übernimmt „die Jagdgenossenschaft […] hierfür die Kosten für Drückjageinrichtungen. Bei gutem Jagderfolg wird ein Teil der Jagdpacht zurückerstattet“. Für viele Jagdvorstände ist die Kommunikation mit den Jagdausübenden sehr wichtig, wie auch die Unterstützung der Jagdausübenden, damit diese „ihre Abschüsse […] erbringen [können]“. In vielen Jagdgenossenschaften sind die Jagdausübenden „sehr bemüht, den Wildschaden im Wald und auf den landwirtschaftlichen Flächen so gering wie möglich zu halten, was auch von der Genossenschaft anerkannt“ werde. Wie die Aussagen zeigen, wird das Verhältnis zwischen Jagdgenossenschaft und Jagdausübenden insgesamt als sehr positiv beschrieben. „Es herrscht [ein] gutes Einvernehmen“ und man „unterstützt sich bei anstehenden Fragen oder Problemen gegenseitig“. Wenn dennoch Wildschäden auftreten würden, werde auf „eine kompromissbereite Einigung Wert gelegt“.

Es wird deutlich, dass neben den Jagdausübenden auch andere Jagdvorstände als „kompetente Ansprechpartner“ gesehen werden. Eine bessere Vernetzung untereinander wird deswegen mehrfach vorgeschlagen wie auch der bessere Austausch mit den Behörden.

Zusammenfassend ist bei der Auswertung der offenen Fragen deutlich geworden, dass neben strukturellen Herausforderungen die steigende Dynamik in den Schwarzwildbeständen einen erhöhten Managementaufwand erfordert. Ein weiterer Punkt, der häufig Erwähnung findet, ist der Verwaltungsaufwand, der für die Führung einer Jagdgenossenschaft erbracht werden muss. Hier würden sich viele Jagdvorstände eine Vereinfachung und mehr Informationen wünschen.

Wild, Jagd & RobA

Wildarten, Wildschäden und Wildschadensregelungen

Vorkommen und Einfluss von Wildarten

Auf den Flächen der Jagdgenossenschaften der teilnehmenden Jagdvorstände kommen an für die Jagd und für die Entstehung von Wildschäden relevanten Wildarten vor allem Rehwild, Hase und Schwarzwild vor (Abbildung 9).

Abbildung 9: In den Jagdgenossenschaften vorkommende Wildarten (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, Mehrfachantworten möglich, n = 663)

Der Schwerpunkt der vorkommenden Wildarten lag auch bei den assoziierten Akteuren bei Schwarz- und Rehwild. Außerdem wurden von diesen Hase, Fuchs, Dachs sowie in einigen Fällen Rotwild genannt.

In Abbildung 10 ist dargestellt, wie stark diese verschiedenen Wildarten die Zielerreichung in Forst- und Landwirtschaft beeinträchtigen, wenn diese als Stand- oder Wechselwild vorkommen. Den größten Einfluss hat das Schwarzwild. Über 60% der Jagdvorstände gaben an, dass dieses einen starken Einfluss auf die Zielerreichung ihrer Jagdgenossenschaft hat. Auch das Rehwild hat in 30% der teilnehmenden Jagdgenossenschaften einen mittleren und in 30% der Fälle einen starken Einfluss auf die Zielerreichung.

Abbildung 10: Einfluss verschiedener Wildarten auf die Zielerreichung von Jagdgenossenschaften (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, n = siehe Achsenbeschriftung)

Dass der Einfluss des Schwarzwilds häufiger als stark angegeben wurde als der des Rehwilds, obwohl das Rehwild auf den Flächen der teilnehmenden Jagdgenossenschaften häufiger vorkommt, liegt vermutlich auch daran, dass die teilnehmenden Jagdgenossenschaften überwiegend landwirtschaftliche Flächen umfassen.

Knapp 18% der teilnehmenden assoziierten Akteure gaben an, dass es keine bedeutenden Wildschäden gegeben habe, bei 6% spielten diese keine Rolle, da sie von den Jagenden reguliert wurden und 4% haben hierzu keine Angaben gemacht. Die restlichen 72% der Befragten gaben an, dass Wildschäden eine Rolle spielen.

Umgang mit Wildschäden

Zum Umgang mit Wildschäden wurden die Jagdvorstände vertiefend befragt. Die Wildschadensersatzpflicht wird in fast 50% der Jagdgenossenschaften vollständig an die Jagdpachtenden abgetreten, knapp 36% haben einen Höchstsatz vereinbart. Deutlich seltener wird der Schadenssatz zwischen den Jagdpachtenden und der Jagdgenossenschaft geteilt (Abbildung 11).

Abbildung 11: Abtretung der Wildschadensersatzpflicht an die Jagdpachtenden (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, n = 106)

In 37% der Jagdgenossenschaften stehen Wildschäden auf landwirtschaftlichen Flächen im Vordergrund, was mit den Angaben zur Flächennutzung übereinstimmt, da an der Befragung mehr Jagdgenossenschaften mit landwirtschaftlich genutzten Flächen teilgenommen haben. Bei 30% der Befragten stehen Wald- und Feldschäden gleichermaßen im Vordergrund; Wildschäden auf forstlichen Flächen hingegen nur bei 9%. Etwa 14% gaben an, dass die Wildschäden keine Rolle spielten, solange sie von den Jagenden reguliert werden. Nur 7% haben keine bedeutenden Wildschäden.

Insgesamt 70% der Jagdgenossenschaften beteiligen die Jagdausübenden an Schutzmaßnahmen zur Minimierung oder Vermeidung von Wildschäden auf ihren Flächen; knapp 22% gaben an, dies nicht zu tun. Es einigen sich 76% der Jagdgenossenschaften beim Auftreten von Wildschäden gütlich mit den Jagdausübenden. In 11% der Fälle werden die Schäden von einem Wildschadensschätzer ermittelt. Zwei Jagdgenossenschaften gaben an, eine Ausgleichskasse eingerichtet zu haben.

Auch nach Angabe der teilnehmenden assoziierten Akteure erfolgt der Ausgleich der Wildschäden in 67% über gütliche Einigung, zu 11% über eine Wildschadensschätzung und zu 4% über eine Ausgleichskasse. In 9% der Fälle  werden die Schäden nicht ausgeglichen, teils aufgrund der Geringfügigkeit des Schadens. Hier wurde ebenfalls angegeben, dass in fast 74% der Fälle die Jagdausübenden aktiv an Schutzmaßnahmen mitwirken.

Jagdliche Situation

Jagdorganisation

Über 90% der Jagdgenossenschaften verpachten das Jagdrecht an Jagdausübungsberechtigte. Eine Jagdgenossenschaft jagt in Eigenregie und zwei Jagdvorstände gaben an, die Flächen der Jagdgenossenschaft in einer Mischform zu bejagen. Fünf Prozent der Jagdvorstände machten zur jagdlichen Organisationsform keine Angaben. Die folgende Frage, ob die Jagdgenossenschaft bereits über eine Bejagung in Eigenregie nachgedacht hat, erschien im Online-Fragbogen nur denjenigen, die in der vorherigen Frage „Verpachtung“ ausgewählt hatten. Die Frage wurde von 87% (n = 92) der Befragten beantwortet, wovon 15% angaben, bereits über die Einführung der Regiejagd nachgedacht zu haben.

Jagdliche Situation - Sichtweise der Jagdvorstände

Auffällig ist, dass sich die Jagdvorstände zwar überwiegend als informiert erachten, was die jagdliche Situation auf der Fläche betrifft und auch die Kommunikation mit den Jagenden positiv einschätzen, gleichzeitig aber das Ausbalancieren von Interessen als schwierig angesehen wird (Abbildung 12).

Abbildung 12: Aussagen zur Jagd (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, n = 106)

Bei diesen Aussagen ließen sich zwei unterschiedliche Gruppen identifizieren: Die erste Gruppe setzt sich aus Jagdvorständen zusammen, die über ausreichend Kenntnis über die jagdliche Situation auf der Fläche verfügen. Diese bewerteten die Wildschäden im Wald und im Feld als nicht zu hoch. Außerdem fand die Aussage, dass es zu Konflikten mit den Jagenden kommt, wenig Zustimmung.

Bei der zweiten Gruppe verhält es sich umgekehrt: Der Kenntnisstand ist unzureichend, die Wildschäden wurden als zu hoch bewertet und es kommt zu Konflikten mit den Jagenden. Außerdem stimmte diese Gruppe der Aussage zu, dass es schwierig ist, den Überblick über die jagdliche Situation zu behalten. Dieser Gruppe gehören zudem signifikant mehr kommunalverwaltete Jagdgenossenschaften an.

Wer über wenig Kenntnis über die jagdliche Situation auf der Fläche verfügt, hat demnach auch Probleme bei Absprachen mit den Jagenden und das Gefühl, durch die Zielvereinbarungen im Rahmen der Rehwildbewirtschaftung ohne behördlichen Abschussplan keinen Handlungsspielraum gewonnen zu haben. Eine gute Beziehung zu den Jagdausübenden und die Kenntnis der Situation scheinen demnach wichtige Faktoren für die Bewältigung der Wildschadenssituation und die Zielerreichung zu sein.

Jagdliche Situation - Sichtweise der assoziierten Akteure

Wie die jagdliche Situation durch die assoziierten Akteure (Jagdgenossenschaftsmitglieder, Jagdausübende, Forstrevierleitende, Bewirtschaftende, etc.) bewertet wird, zeigen deren Kommentare zum Thema Jagd: Es wurde mehrfach die Notwendigkeit von Zusammenarbeit und Absprachen zwischen Waldbesitz, Landwirtschaft und Jagd betont. Durch die „ständige Kommunikation zwischen Verpächter, Landwirtschaft und Pächter“ sei ein „gutes und vertrauensvolles Verhältnis“ entstanden, so ein Teilnehmer. An anderer Stelle wurde betont, wie wichtig es sei, nicht nur Kritik, sondern auch Lob zu äußern, wenn die Jagd erfolgreich zu Wildschadensverhütung beigetragen habe, dies sei leider viel zu selten der Fall. Auch das forstliche Verbissgutachten wurde als ein wichtiges Instrument genannt, da es als „neutrale Maßnahme“ wahrgenommen und „von einer dritten fachlichen Partei durchgeführt wird“. Ein Teilnehmer schreibt, dass er das Forstliche Gutachten für sich als Jagender wie ein „Zwischenzeugnis“ ansieht.

Aus mehreren Kommentaren ging außerdem hervor, dass der Informationsfluss eine wichtige Rolle spielt. Hier wurden sowohl positive als auch negative Beispiele genannt. So wurden selbst- wie auch kommunalverwaltete Jagdgenossenschaften gelobt, deren Vertretende sich gut auskennen würden, hier fände ein „Dialog auf Augenhöhe statt“. Gleichzeitig wird aber auch an mehreren Stellen deutlich, dass sich die Jagdgenossenschaftsmitglieder von öffentlicher Seite zum Thema Jagdgenossenschaften nicht ausreichend informiert fühlen und dass den Themen Jagd und Jagdgenossenschaften seitens der Kommunen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, manche Kommunen wollten „lediglich ihre Ruhe haben“.

Aber nicht nur die Kommunen schenkten dem Thema zu wenig Beachtung, auch viele Grundbesitzende brächten sich zu wenig ein. Grund hierfür seien vor allem die kleinen Grundstücksgrößen. „Warum sollten sich die Jagdgenossen mit kleinen Waldflächen, die sowieso nur wenige Male im Jahr aufgesucht werden (wenn’s gut läuft) und sie keinen (bedeutenden) wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen, Gedanken darüber machen, wie viel Rehe geschossen werden sollen?“, fragte ein Teilnehmer. Da Klein- und Kleinstprivatwaldbesitzende [und Eigentümer/innen kleiner Feldgrundstücke] aber die Mehrheit der Jagdgenossenschaftsmitglieder bilden, würde dies schnell zum Problem für die Waldbesitzenden, die mit dem Wald wirtschaften müssen. An dieser Stelle wird seitens der Befragten vorgeschlagen, die Waldbesitzenden verstärkt zu sensibilisieren und zu informieren, um diese zu motivieren, sich aktiv mit dem Thema Jagd, Jagdgenossenschaft und Wildverbiss auseinanderzusetzen. Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels sei dies besonders wichtig.

Ein zweiter, immer wieder genannter Problempunkt waren Wildschäden und der Umgang mit ihnen. Viele der Jagdausübenden haben deutlich gemacht, dass sie nicht bereit sind die Verantwortung und Kosten für die zunehmenden Wildschäden alleine zu tragen. Vielmehr müssten Absprachen verbessert und gemeinsame Lösungen gefunden werden, wie beispielsweise das Freihalten von Schussschneisen und Waldrändern oder Schwerpunktbejagungen. Aber auch von Seiten des Grundeigentums wurde Kritik geübt, die Jagd werde teilweise als „Wohlstandshobby“ betrieben und die Jagdausübenden seien zu wenig präsent. Einige Jagdgenossenschaften haben aus diesem Grund festgesetzt, dass „nur Bürgerinnen und Bürger der Kommune die Jagd pachten [dürfen]“ – oder aber, dass mindestens eine ortsansässige Person über einen Begehungsschein verfügt oder an der Pacht beteiligt ist. Auf diese Weise sei das „Verhältnis zwischen Jagdpachtenden und Genossenschaft sehr gut, weil der Wildschaden gemeinsam reguliert wird und der Jäger ständig vor Ort ist“.

Insgesamt betrachtet wird aus den Kommentaren deutlich, dass diejenigen, die sich positiv äußern, Absprachen zwischen den Beteiligten Interessengruppen getroffen haben und über gemeinsame Aktionen Austausch stattfinden kann. Diejenigen, die sich eher kritisch geäußert haben, beklagten oft, dass Absprachen nicht stattfinden oder nicht eingehalten werden.

RobA - Sichtweise der Jagdvorstände

Rehwildbewirtschaftung ohne behördlichen Abschussplan

Ein wichtiges Element zur Förderung der Eigeninitiative in Jagdgenossenschaften ist die Einführung der Rehwildbewirtschaftung ohne behördlichen Abschussplan (RobA). Seit 2016 erfolgt der Abschuss auf Grundlage von Zielvereinbarungen zwischen den Jagdrechtsinhabenden und den Jagdausübungsberechtigten. Durch dieses dialogorientierte Verfahren sollen sich die Jagdrechtsinhabenden intensiver mit ihren Aufgaben als Vertretende des Jagdrechts auseinandersetzen (§ 34 Abs. 2 JWMG).

Als wichtige Entscheidungshilfe für die Zielvereinbarung im Rahmen der RobA wird in den Jagdrevieren alle drei Jahre das forstliche Gutachten erhoben (§ 34 JWMG Abs. 1). In diesem wird nicht nur die Verbissintensität bei den einzelnen Baumarten eingeschätzt, sondern es werden auch Probleme bei der Erreichung waldbaulicher Verjüngungsziele sowie Flächen mit den wichtigsten Verjüngungsschwerpunkten für die nächsten drei Jahre aufgezeigt. Damit liegt eine fachliche Einschätzung vor, die es Jagdrechtsinhabenden und Jagdausübungsberechtigten erlaubt die bisherige jagdliche Umsetzung in Bezug auf die waldbauliche Zielerreichung zu bewerten.

Es hat sich allgemein bewährt die Ergebnisse des Forstlichen Gutachtens und der im Rahmen der RobA getroffenen Zielvereinbarungen mit den Jagdrechtsinhabenden und den Jagdausübungsberechtigten anhand von Waldbegängen vor Ort zu diskutieren. Damit initiieren die Zielvereinbarungen wie auch das Forstliche Gutachten einen Dialogprozess.

RobA - Sichtweisen der Jagdvorstände

Die Jagdvorstände wurden sowohl zum forstlichen Gutachten als auch zu den Vereinbarungsinhalten der Zielvereinbarungen befragt. In 64% der Fälle ist für die Waldflächen der Jagdgenossenschaften ein forstliches Gutachten bekannt. In 15% der Jagdgenossenschaften ist dies nicht Fall, wobei das Fehlen eines Forstlichen Gutachtens sicherlich auch im Zusammenhang damit steht, dass ebenfalls etwa 15% der teilnehmenden Jagdgenossenschaften fast ausschließlich landwirtschaftliche Flächen umfassen. Dass allerdings 18% der Teilnehmenden nicht wussten, ob ein forstliches Gutachten existiert, kann ein Hinweis darauf sein, dass die Bedeutung des Forstlichen Gutachtens noch intensiver kommuniziert werden muss.

Bei über 74% der Jagdgenossenschaften, die über ein forstliches Gutachten verfügen, werden die waldbaulichen Verjüngungsziele durch die Forstrevierleitenden festgelegt.

Abbildung 13: Zielvereinbarungen über den Abschuss von Rehwild (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, n = 106)

Nur 2% der Jagdvorstände gaben an, dass die Jagdgenossenschaft für die Festlegung der Verjüngungsziele verantwortlich ist. Etwa 8% nutzten das freie Eingabefeld, dort wurde neben der Stadtverwaltung auch die untere Forstbehörde genannt. Ein Jagdvorstand gab an, dass die waldbaulichen Verjüngungsziele in gemeinsamer Absprache mit den Waldbesitzenden festgelegt werden. Die restlichen 13% gaben an, dass im Rahmen des forstlichen Gutachtens keine waldbaulichen Verjüngungsziele für die Jagdgenossenschaft festgelegt werden und 3% machten hierzu keine Angaben.

Die Stimmung zwischen den Jagenden und den Jagdgenossenschaften wurde von 67% der Jagdvorstände als positiv eingeschätzt. Etwa 22% gaben an, dass das Verhältnis weder besonders gut noch besonders schlecht sei und nur 6% gaben an, dass die Stimmung schlecht sei.

Eine Zielvereinbarung zum Abschuss von Rehwild im Rahmen der RobA wurde von 67% der Jagdgenossenschaften (n = 70) getroffen (Abbildung 13).

Die folgenden Fragen bezogen sich auf die im Rahmen der RobA getroffenen Zielvereinbarungen und wurden nur den 70 Jagdvorständen angezeigt, die angaben, eine solche getroffen zu haben.

Von diesen 70 Befragten gaben 43 an, die Zielvereinbarungen einmal in drei Jahren zu treffen; 16 gaben an, diese jährlich zu treffen. Ein Jagdvorstand gab an, die Zielvereinbarungen zweimal innerhalb von drei Jahren abzustimmen. Sieben Jagdvorstände gaben „Sonstiges“ an. Ein Blick in die Angaben hierzu zeigt, dass von der Regel, die Zielvereinbarungen alle drei Jahre zu treffen, in „kritischen Fällen“ oder „wenn die Verbiss-Situation zunimmt“ abgewichen und eine jährliche Vereinbarung getroffen wird. Andere treffen die Vereinbarungen „nur bei Bedarf“ oder alle sechs Jahre.

In den 70 Jagdgenossenschaften mit Zielvereinbarungen werden zudem in 41 die Zielvereinbarungen schriftlich festgehalten, in 26 Jagdgenossenschaften werden die Vereinbarungen mit den Jagdpachtenden mündlich abgestimmt (drei Jagdvorstände machten hierzu keine Angaben).

Bei der Abschussgestaltung haben 20 Jagdgenossenschaften keine zahlenmäßigen Vorgaben gemacht, ebenso viele haben einen Mindestabschuss vorgegeben. Weitere neun Jagdgenossenschaften stellen eine detaillierte Abschussplanung auf, wie vor der Abschaffung des behördlichen Abschussplans. Neben den Jagdgenossenschaften und den Jagdpachtenden selbst sind auch die Forstrevierleitenden maßgeblich an der Festlegung der Vereinbarungsinhalte beteiligt.

Weiterhin gaben 38 der 70 Jagdvorstände an, dass zur Festlegung der Zielvereinbarungen Flächenbegänge stattfinden. Bei 23 finden diese nur auf den forstlichen Flächen statt. Obwohl die Zielvereinbarungen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen nur Aussagen zum Rehwildabschuss enthalten müssen, werden in 14 Jagdgenossenschaften bei den Flächenbegängen neben den forstlichen auch die landwirtschaftlichen Flächen begangen. Eine Jagdgenossenschaft gab an nur die landwirtschaftlichen Flächen zu begehen. Bei 27 der Jagdgenossenschaften finden keine Flächenbegänge statt und fünf machten hierzu keine Angaben (Abbildung 14).

Abbildung 14: Durchführung von Flächenbegängen im Rahmen von Zielvereinbarungen der RobA (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, Angaben in absoluten Zahlen, n = 70)

In den 38 Jagdgenossenschaften, in denen Flächenbegänge durchgeführt werden, sind fast immer die Jagdvorstände an den Begängen beteiligt. Nur acht Jagdvorstände gaben an, nicht an diesen teilzunehmen.

Diejenigen, die im Rahmen der Zielvereinbarungen Begänge durchführen oder darüber hinaus Vereinbarungen getroffen haben, tauschen sich auch intensiver mit den Jagdausübenden über die jagdliche Situation auf der Fläche aus.

Zu Konflikten bei den Absprachen zu den Zielvereinbarungen kommt es in 26 der 70 Jagdgenossenschaften, in 40 ist dies nicht der Fall. Vier Befragte gaben an darüber keine Kenntnis zu haben. Als Hauptgründe für Konflikte wurden die „unterschiedliche Beurteilung der fachlichen Situation“ (19 Nennungen) und „unterschiedliche Zielsetzungen“ (16 Nennungen) gewählt. Nur drei Nennungen bezogen sich auf zwischenmenschliche Probleme.

Weitere Ziele zwischen Jagdgenossenschaft und Jagdpachtenden werden in 16 Jagdgenossenschaften vereinbart. Dabei handelt es sich in erster Linie um waldbauliche Zielsetzungen (12) und Schwerpunktbejagungen (9) sowie Bejagungsstrategien (4). Aus den sonstigen Angaben ließ sich erkennen, dass weitere Zielsetzungen auch Absprachen zum Abschuss von Schwarzwild umfassen, wie beispielsweise die Organisation gemeinsamer revierübergreifender Drückjagden. Ebenfalls erwähnt wurden Vereinbarungen, die eine besondere Rücksichtnahme seitens der Jägerschaft in Naherholungsgebieten oder die Teilnahme an dem durch den Landesjagdverband ins Leben gerufenen Projekt „Allianz für Niederwild“ festlegen. Insgesamt bewerteten 48% die Zielvereinbarungen als sinnvoll, 25% als teilweise sinnvoll und 8% als nicht sinnvoll (19% der Jagdvorstände gaben keine Einschätzung ab).

Wenn den Zielvereinbarungen also entsprechendes Gewicht beigemessen wird, helfen sie den Dialog zwischen den Akteuren zu verbessern. Das Festlegen von Zielvereinbarungen allein reicht jedoch nicht aus, um das Ziel der Verjüngung der Hauptbaumarten ohne Schutz besser zu erreichen. Dies zeigt eine Gegenüberstellung der Jagdgenossenschaften, in denen dieses Ziel wichtig ist, mit dem Vorhandensein einer Zielvereinbarung (Tabelle 3).

Tabelle 3: Zusammenhang zwischen dem Erreichen des Ziels die Hauptbaumarten ohne Schutz zu verjüngen und dem Vorhandensein einer Zielvereinbarung (Befragung von Jagdvorständen in Baden-Württemberg, n = 69)

Verjüngung der Haupt­baumarten ohne Schutz

Zielvereinbarung vorhanden

 

ja

nein

wird als wichtig erachtet und erreicht

22 (42%)

7 (41%)

wird als wichtig erachtet und teils/teils erreicht

15 (29%)

6 (35%)

wird als wichtig erachtet und nicht erreicht

15 (29%)

4 (23%)

gesamt

52 (100%)

17 (100%)

 

Allerdings gaben Jagdvorstände, die Flächenbegänge im Rahmen der Zielvereinbarungen durchführen, signifikant häufiger an, dass sie über Kenntnisse über die jagdliche Situation verfügen, als solche, bei denen keine Flächenbegänge stattfinden. Offenbar werden die im Rahmen der RobA getroffenen Vereinbarungen zwar insgesamt eher positiv eingeschätzt, aber noch nicht flächendeckend umgesetzt. Möglicherweise treten die Herausforderungen der Rehwildbejagung in vielen der teilnehmenden Jagdgenossenschaften gegenüber den Herausforderungen der Schwarzwildbejagung in den Hintergrund und Zielvereinbarungen zum Rehwildabschuss kommen mancherorts nur „bei Bedarf“ zum Einsatz.

RobA - Sichtweisen der unteren Jagdbehörden und assoziierten Akteure

RobA - Sichtweise der untere Jagdbehörden

Die unteren Jagdbehörden sollten ihre Zusammenarbeit mit den Jagdgenossen­schaften und ihre Erfahrungen mit der 2015 eingeführten RobA bewerten. Keine untere Jagdbehörde musste im vorhergehenden Jagdjahr Abschusspläne festsetzen, weil es zu keiner Einigung zwischen Verpachtenden und Pachtenden gekommen ist. Über 55% gaben an, im Konfliktfall vermittelnd einzugreifen. Von der Antwortoption „Sonstiges“ mit einem freien Textfeld machten 32% Gebrauch.

Aus den meisten dieser Antworten geht hervor, dass es bisher nicht zu Problemen bei den Absprachen zu den Zielvereinbarungen gekommen ist. Sie zeigen auch, dass der Umgang mit den im Rahmen der RobA getroffenen Zielvereinbarungen sehr unterschiedlich ist. Die Antworten reichen von Aussagen wie „die ZV [Zielvereinbarung] ist ein Instrument zwischen Verpächter und Pächter. Die untere Jagdbehörde ist dabei nicht involviert.“ bis zu sehr präzisen Ausführungen, aus denen hervorgeht, dass in der Regel an das Vorlegen der Zielvereinbarungen erinnert wird und diese der unteren Jagdbehörde vorgelegt werden (Abbildung 15).

Abbildung 15: Umgang mit Problemen bei Zielvereinbarungen (Befragung der Unteren Jagdbehörden in Baden-Württemberg, n = 44)

Die Hälfte der unteren Jagdbehörden überprüft, ob Zielvereinbarungen zwischen den Jagdgenossenschaften und den Jagdpachtenden getroffen wurden, ein Fünftel tut dies flächendeckend. Ein Drittel gab hingegen an, sich die Zielvereinbarungen nicht vorzeigen zu lassen (Abbildung 16).

Abbildung 16: Offenlegen von Zielvereinbarungen (Befragung der Unteren Jagdbehörden in Baden-Württemberg, n = 44)

Wie häufig die unteren Jagdbehörden in Kontakt zu den Jagdgenossenschaften stehen, variiert sehr stark. Aus den Erläuterungen unter „Sonstiges“ wird deutlich, dass der Kontakt der meisten unteren Jagdbehörden zu den Jagdgenossenschaften unregelmäßig ist. Bei konkreten Anlässen kommt es zu „regem Kontakt“; generell stehen die unteren Jagdbehörden drei- bis viermal im Jahr in Kontakt mit den Jagdgenossenschaften. Zwischen dem Grad der Selbstverwaltung und dem Kontakt war ein leicht positiver Zusammenhang zu erkennen: In Stadt- bzw. Landkreisen, in denen es mehr selbstverwaltete Jagdgenossenschaften gibt, ist auch der Kontakt zwischen diesen und den unteren Jagdbehörden ausgeprägter.

Dieses Bild deckt sich mit den Antworten aus der Befragung der Jagdvorstände. Über 70% gaben die untere Jagdbehörde als wichtigste Ansprechpartnerin an, gefolgt von der unteren Forstbehörde (46%) und den Jagdgenossenschaftsverbänden (13%).

RobA - Sichtweise der assoziierten Akteure

Über 62% der teilnehmenden assoziierten Akteure (v. a. Jagdgenossenschaftsmitglieder, Jagdausübende, Forstrevierleitende und Bewirtschaftende) gaben an, dass im Rahmen der RobA Zielvereinbarungen zwischen Jagdgenossenschaft und Jagenden getroffen wurden. Von diesen gaben 50% an, die Zielvereinbarungen schriftlich festgehalten zu haben, 12% haben diese mündlich vereinbart (Abbildung 17).

Abbildung 17: Häufigkeit der im Rahmen der RobA getroffenen Zielvereinbarungen (Befragung von mit Jagdgenossenschaften assoziierten Akteuren in Baden-Württemberg, n = 206)

In den Jagdgenossenschaften, in denen Zielvereinbarungen getroffen werden, finden zu 52% Flächenbegänge statt, in 48% ist dies nicht der Fall. An den Begängen nehmen laut der Befragten neben den Jagdpachtenden in vielen Fällen auch die Forstrevierleitenden teil. Teilweise wurde auch die Stadtverwaltung genannt.

Nur selten kommt es bei der Festlegung von Vereinbarungsinhalten nach Aussage der Teilnehmenden zu Konflikten – 70% gaben an, dass es zu keinen Konflikten komme, bei 20% in Einzelfällen und bei 3% mehrheitlich. Weitere 7% machten hierzu keine Angaben. Als häufigster Grund wurden unterschiedliche Sichtweisen bei der Beurteilung der fachlichen Situation und unterschiedliche Zielsetzungen von Jagdgenossenschaft und Jagdpachtenden genannt. Zwischenmenschliche Probleme und auch die Einflussnahme anderer Interessengruppen wurden hingegen nur selten als Ursache für Konflikte angegeben.

Insgesamt bewerteten 61% die Zielvereinbarungen als sinnvoll, 26% als teilweise sinnvoll und 13% als nicht sinnvoll.

Literatur und weitere Informationsquellen

Zitierte und weitere Literatur zu Jagdgenossenschaften

Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) (2017). Jagdgenossenschaften und ihre Aufgaben im Jagdrechtssystem. Online verfügbar

Dietlein, J. (2018). Rechtsgeschichte der Jagd. In: Dietlein, J. und Froese, J. (Hg.). Jagdliches Eigentum. S. 29-54.

Fräger, C., Ehrhart, S. & Suchant, R. Jagdgenossenschaften im Dialog. AFZ-DerWald, 23, S. 51-54

Müller, R.; Ziegler, C.; Funk, S.; Schraml, U. (2013): Selbstverwaltete Jagdgenossenschaften in Baden-Württemberg, Arbeitsberichte des Instituts für Forstpolitik. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Forstpolitik, Freiburg.

Rauchenecker, K. & Beckmann, V. (2005). Jagdgenossenschaften und Wildtiermanagement: zur Rolle der Zwangsmitgliedschaft. Institutional Change in Agriculture and Natural Resources (ICAR): Discussion Papers 11, Berlin.

Rauchenecker, K. (2010). Institutioneller Wandel im Bereich Jagd und Wildtiermanagement. Das Beispiel der Jagdgenossenschaften. Institutioneller Wandel der Landwirtschaft und Ressourcennutzung/Institutional Change in Agriculture and Natural Resources, 42. Shaker, Aachen.

Rauchenecker, K. (2013). Allgemeinfunktionen einer Körperschaft öffentlichen
Rechts : das Beispiel der Jagdgenossenschaft. In: Zeitschrift für das gesamte
Genossenschaftswesen, 63, 3, S. 219-23.

Reimoser, F. und Reimoser, S. (2009). Treffsicherheit von Indikatoren zur Feststellung der Auswirkung von Schalenwild auf die Waldverjüngung. Analyse von langfristigen Wildverbiss-Kontrollzaunflächen. In: Fonds für Umweltstudien FUST-Tirol (Hg.). Forschungsberichte aus dem alpinen Raum. Schmidt, Berlin, S. 131-177.

Rösener, W. (2004): Die Geschichte der Jagd. Kultur, Gesellschaft und Jagdwesen im Wandel der Zeit. Artemis & Winkler, Düsseldorf.

Schraml, U. & Ziegler, C. (2001). Selbstverwaltete Jagdgenossenschaften in Baden-Württemberg. Arbeitsberichte des Instituts für Forstpolitik. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Forstpolitik, Freiburg.

Schwenk, S. (2018): Kultur, Kulturgeschichte und Jagd. In: Dietlein, J. und Froese, J. (Hg.). Jagdliches Eigentum. S.3-27.

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (2020): Besitz- und Pachtverhältnisse
landwirtschaftlicher Betriebe. Online verfügbar, zuletzt aktualisiert am 24.11.2020

 

Waldumbau, Wildverbiss und Jagd

- Praxisratgeber Waldumbau und Jagd

- Informationen zum 2021 begonnen Projekt Runde Tische Waldumbau & Jagd

 

Gesetzestexte

Einen Überblick zum JWMG und Durchführungsverordnungen finden Sie hier im Wildtierportal.

Den Gesetzestext des JWMG finden Sie hier.