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Waschbär Procyon lotor

Waschbär
Waschbär Waschbär

Produktoptionen

Waschbär
Nutzungsmanagement
Wald
Feld
Wasser
Siedlung
invasiv-gebietsfremd
Allesfresser

Steckbrief

BestandssituationGebietsfremde Art (Neozoen) - es wird keine Bestandssituation angeführt
Kopf- Rumpf-Länge♂: 43 - 67 cm, ♀: 45 - 60 cm
Gewicht♂: 3,5 kg - 10 kg, ♀: 3,0 kg - 6,5 kg
PaarungszeitJanuar - März
FortpflanzungPolygam, Männchen begatten mehrere Weibchen, keine Paarbildung, Männchen helfen nicht bei Aufzucht, Nesthocker, Junge werden 6 Wochen gesäugt und verlassen Geburtshöhle nach 50 Tagen, Mutterfamilie löst sich spätestens vor der nächsten Ranz auf Höhle Weibchen sind sehr standorttreu und halten an Geburtsort fest, männliche Jungtiere können weit abwandern.
Tragzeitca. 65 Tage
SetzzeitApril - Mai
Anzahl Junge3 - 4
LebensweiseDämmerungs- und nachtaktiv; guter Kletterer, lebt als Einzelgänger oder in lockeren Familien- oder Männchengruppen; ständig wechselnde Behausungen; Weibchen sind sehr standorttreu und halten auch bei hoher Dichte am Geburtsort fest, aber männliche Jungtiere können weit abwandern.
NahrungTypischer Allesfresser, ist eher ein Sammler als ein Jäger, Nahrung variiert nach jahreszeitlichem und geografischen Angebot: Früchte, Getreide, Regenwürmer, Amphibien, Vögel und ihre Eier, Kleinsäuger, Insekten und Aas, in der Stadt auch Abfall.
ManagementstufeNutzungsmanagement
Jagdzeit1. Juli bis 15. Februar, Jungtiere 15. April bis Ende Juni, gemäß § 10 Absatz 2 DVO JWMG darf die Jagd auf Jungtiere des Waschbärs ganzjährig außerhalb der allgemeinen Schonzeit (16. Februar bis 15. April) ausgeübt werden.

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Waschbär: Laute beim Umherlaufen © Tierstimmenarchiv.de / Tembrock, Günter / CC BY-SA

Verbreitung in Baden-Württemberg

Ursprünglich in Nordamerika beheimatet, wurde der Waschbär durch den Menschen zur Pelzgewinnung nach Europa eingeführt. Aus mindestens vier unabhängigen Aussetzungen durch den Menschen und aus Gefangenschaftsfluchten konnte sich der Waschbär seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland etablieren. Zum ersten Mal in Baden-Württemberg beobachtet wurde der Waschbär 1960 bei Benningen im Kreis Ludwigsburg. Jungtiere wurden zum ersten Mal 1974 bei Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis) gemeldet.

Seit 1997 hat der Waschbär eine Jagdzeit in Baden-Württemberg. In den ersten 10 Jahren verharrte die Strecke auf niedrigem Niveau von unter 100 Waschbären pro Jahr, doch danach stieg sie von Jahr zu Jahr deutlich an und im Jagdjahr 2018/19 wurden landesweit bereits 2.533 Waschbären erlegt. Zwar hat sich die Vorkommensfläche, d.h. die Gemeindefläche mit Waschbärbeobachtungen, von 2006 bis 2017 fast verdoppelt, aber aus etwa der Hälfte der Gemeinden des Landes wurde kein Vorkommen gemeldet. Der Verbreitungsschwerpunkt der Art liegt im Nordosten Baden-Württembergs und am mittleren Oberrhein. Größere Verbreitungslücken bestehen noch im Schwarzwald und im Südosten des Landes.
 

Wildtierbericht 2021, Vorkommen des Waschbärs in den Gemeinden von Baden-Württemberg

Vorkommen des Waschbärs in den Gemeinden Baden-Württembergs im Jagdjahr 2018/19 ©Wildtierbericht 2021

Lebensraum

Der Waschbär ist ausgesprochen anpassungsfähig und er fehlt nur im Hochgebirge und Trockengebieten. Er bevorzugt gewässernahe Lebensräume wie Teichgebiete oder Fluss- und Seenlandschaften. Auch höhlenreiche Laubholzaltbestände mit kleinen Fließgewässern gelten als optimale Habitate. Als relativ langsamer Läufer ist er in seinem Lebensraum auf Bäume und andere erkletterbare Strukturen angewiesen, auf die er sich im Falle eines Angriffs durch schnellere Verfolger wie z.B. Hunde in Sicherheit bringen kann. Deshalb meidet der Waschbär offene, baumlose Gebiete. Die höchsten Dichten (bis zu 100 Tiere / 100 ha) erreicht die Art in urbanen Lebensräumen wie z.B. in Kassel. Die Nutzung von Dachböden oder Gartenhäusern als Behausung kann lokal zu erheblichen Konflikten führen, weil dadurch wirtschaftliche Schäden entstehen, z.B. durch die Beschädigung der Dämmung. 

Lebensraum Stadt

Durch seine hohe Anpassungsfähigkeit an verschiedene Lebensräume ist der Waschbär gut in der Lage, sich an den städtischen Raum anzupassen. Er ist ein guter Kletterer und bevorzugt strukturreiche Umgebungen, in denen es viele Versteck- und Fluchtmöglichkeiten gibt. Offene und baumlose Landschaften meidet er. Als Kulturfolger fühlt sich der Waschbär auch in durch Menschen genutzten Gebieten wohl. Selbst in den Zentren großer Städte trifft man ihn an. Er durchsucht Parks, Müllkippen oder Gärten nach Fressbarem.

Der eigentlich dämmerungs- und nachtaktive Waschbär kann gelegentlich auch am Tag beobachtet werden. Er bewegt sich auf dem Boden eher langsam vorwärts und flieht bei Gefahr auf Bäume. Außerdem sind Waschbären gute Schwimmer. Die Kleinbären bewohnen sowohl natürliche Verstecke wie Fels- oder Baumhöhlen als auch künstliche Unterschlupfmöglichkeiten wie Gartenhäuser und Rohre.

 

© PantherMedia / kingmaphotos@gmail.com

Gefährdungen durch Neozoen

Ökologisches Schadenspotenzial hat der Waschbär als Prädator von Eiern und Jungvögel sowie von Reptilien und Amphibien, z.B. durch Prädation der vom Aussterben  bedrohten Europäischen Sumpfschildkröte. Deshalb wird der Waschbär seit 2016 auf der Unionsliste der invasiven gebietsfremden Arten der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 geführt. Wirksame Managementmaßnahmen sind durchzuführen, um mögliche negative Auswirkungen auf die Biodiversität und die damit verbundenen Ökosystemdienstleistungen sowie gegebenenfalls auf die menschliche Gesundheit oder die Wirtschaft zu minimieren. Dazu wurden vom Naturschutz bundesweite Management- und Maßnahmenblätter erarbeitet, welche die Leitlinien geeigneter Maßnahmensetzung  beschreiben. Als lokale Beseitigungs- bzw. Kontrollmaßnahmen werden Lebendfang mit Fallen, Abschuss sowie ein gezieltes Prädatorenmanagement zum Schutz naturschutzfachlicher wertvoller Gebiete bzw. Arten empfohlen.

Für eine gute Nachbarschaft

Waschbären im Siedlungsraum

Viele Menschen freuen sich sicher über das Auftauchen eines Waschbärens in ihrer Nachbarschaft. Die niedlichen Tiere werden gerne zugefüttert, sodass sie immer wieder zu guten Futterstellen zurückkehren. Wenn sehr viele Waschbären in einem Gebiet vorkommen, kann das jedoch zu Problemen führen. Denn die Tiere finden auch ohne menschliches Zutun viel Futter im Siedlungsraum, da sie gelernt haben, sogar geschlossene Mülltonnen zu öffnen. Das kann teilweise für ziemliche Unordnung sorgen.

Auf der Suche nach geeigneten Verstecken kann der Waschbär auch in Dachböden oder Scheunen eindringen und sich dort ansiedeln. Für die Hausbesitzer ist dies oft mit Problemen verbunden, wenn der Waschbär Dämmmaterialien anfrisst. Hier können Schäden bis zu mehreren Tausend Euro entstehen.

 

Ansprechpartner

Bei Fragen zu Wildtieren im Siedlungsraum können Sie sich an die jeweiligen Wildtierbeauftragten in ihrem Landkreis wenden.

Waschbär an der Hauswand © PantherMedia / Karin Jähne

Waschbär an der Hauswand © PantherMedia / Karin Jähne

Tipps zur Konfliktvermeidung

Wenn das vermehrte Auftreten von Waschbären in der Nachbarschaft Probleme verursacht, ist es vor allem wichtig, ihnen in diesem Gebiet die Nahrungsgrundlage zu entziehen. Auf privaten Grundstücken kann durch Einzelmaßnahmen verhindert werden, dass Waschbären hier kontinuierlich Nahrung finden. Dies kann zum Beispiel durch gutes Verschließen von Mülleimern, Absammeln von Fallobst oder den Schutz von Obstbäumen während der Fruchtzeit erreicht werden. Natürlich darf auch keine Fütterung stattfinden (auch nicht von Haustieren auf der Terrasse etc.) . Ähnlich verhält es sich mit dem Problem der Waschbärenschäden in Häusern und Scheunen. Hierbei ist es wichtig, alle Einstiege zum Dachboden zu verschließen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Waschbär nicht über angrenzende Bäume Zutritt auf das Dach hat oder an den Regenrinnen emporklettern kann. Außerdem sollten im betroffenen Gebiet am besten Schornsteine vergittert und Katzenklappen nachts geschlossen werden. 

Gesundheitlichen Problemen durch übertragbare Krankheiten kann vor allem durch den vorsichtigen Umgang mit dem Kot des Waschbären vorgebeugt werden. Latrinen sollten schnell mit Mundschutz und Handschuhen entfernt und Haustiere regelmäßig geimpft werden, um eine Übertragung von Krankheiten, insbesondere auf Kinder, zu vermeiden.

Ein vorsichtiges Verhalten den Kleinbären gegenüber ist angebracht, da es sich immer noch um Wildtiere handelt, auch wenn die städtischen Tiere recht "zahm" wirken mögen.

 

Krankheiten

Potenziell gehört der Waschbär zu den Virusträgern der Tollwut. Eine wirkliche Gefahr besteht allerdings kaum. In Baden-Würtemberg wurde bisher nur ein Tollwutfall bei Waschbären registriert, im Jahr 1976, jedoch gilt Deutschland seit 2008 als tollwutfrei.

In westdeutschen Populationen sind viele Tiere mit dem Waschbär-Spulwurm infiziert, der sich auch auf den Menschen übertragen kann. Bei Erwachsenen verursacht eine Infizierung meist keine Krankheiten, Kinder sind jedoch gefährdet. Insgesamt spielt der Waschbär als Überträger von Krankheiten und Parasiten in Deutschland noch keine große Rolle.

Links & Quellen

Links

Videos:

Quellen

Freuling, C.; Selhorst, T.; Kliemt, A.; Conraths, FJ.; Müller, T. (2008) Deutschland ist tollwutfrei. Forschungsreport Ernährung – Landwirtschaft – Verbraucherschutz, Heft 73, 1/2008, Senat der Bundesforschungsinstitute im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft du Verbraucherschutz (Hrsg.)

Hohmannn, U. (2000) Raumnutzung und Sozialsystem des Waschbären in Mitteldeutschland. Wildbiologie (3/2000), Verhalten (8/9), Infodienst Wildbiologie und Ökologie (Hrsg.), Zürich, S. 16

Linderoth, P. (2005) Waschbär. Procyon lotor.  Die Säugetiere Baden-Württembergs, Band 2, Braun, M.; Dieterlen, F. (Hrsg.), Stuttgart, Ulmer Verlag: S. 517 - 525

Michler, FU. (2004) Waschbären im Stadtgebiet. Wildbiologie (2/2004), Wildbiologie International 5/12, Infodienst Wildbiologie & Ökologie, Zürich, S. 16

Michler FU.; Michler, BA. (2012) Ökologische, ökonomische und epidemiologische Bedeutung des Waschbären (Procyon lotor) in Deutschland. Eine aktuelle Übersicht. Beiträge zur Jagd- und Wildforschung 37: 387 - 395

Stubbe, M. (1993) Procyon lotor. Waschbär. Handbuch der Säugetiere Europas. Niethammer, J.; Krapp, F. (Hrsg.), Band 5, Teil 1, Wiesbaden, AULA-Verlag: S. 331 - 364

Bartussek, I. (2011) Die Waschbären kommen. Abgerufen über http://www.diewaschbaerenkommen.de/index.html am Zugriff: 26.02.2013 zuletzt aktualisiert: 17.03.2011