Das Vorhaben umfasst die Erhebung der genetischen Diversität und des Genflusses des Rehs im Zusammenhang mit Verkehrsinfrastrukturen. Entlang von zeitlichen und räumlichen Gradienten soll anhand von historischen Geweihen und rezenten Gewebeproben analysiert werden, ob mit zunehmender Zerschneidung der Landschaft durch menschliche Infrastrukturen (Fragmentierung durch Verkehrsträger) Veränderungen der genetischen Diversität des Rehs zustande kommen.
Variationen einzelner Basenpaare (sogenannte SNPs) liegen in großer Zahl über die gesamte Erbsubstanz verteilt vor und lassen damit Aussagen über die mögliche anpassungsrelevante genetische Vielfalt zu, welche in Zeiten sich ändernder Umweltbedingungen maßgeblich für das Fortbestehen einer Art verantwortlich ist. Das Reh eignet sich hervorragend für diese Fragestellung, da es flächendeckend verbreitet ist und die Probengewinnung somit sichergestellt ist.
Mit seinem Bewegungsverhalten und seiner großen Lebensraumtoleranz stellt das Reh eine ausgezeichnete Indikatorart dar, die anzeigen kann, wie sich eine zunehmende Verkehrsträgerdichte auf Wildtiere auswirkt. Es ist anzunehmen, dass Verluste im Genfluss und daraus resultierende Verluste genetischer Diversität bei anderen weniger generalistischen Wildtierarten noch stärker ausfallen, wenn sie bereits beim Reh auftreten.
Modul I Zeitliche Analysen
Forschungsfragen:
- Gibt es über die letzten 200 Jahre (seit Beginn der industriellen Revolution und intensiven jagdlichen Verfolgung) Veränderungen der genetischen Diversität des Rehs?
- Kommt es zu einer Zunahme genetischer Differenzierung über Jahrzehnte zunehmender Fragmentierung durch Verkehrsinfrastrukturen?
Modul II a Räumliche Analysen
Forschungsfragen:
- Besitzen Rehe eine geringere genetische Diversität in Gebieten mit hoher verkehrsbedingter Infrastruktur als in unzerschnittenen Habitaten?
- Stellen hochfrequentierte Verkehrsträger Ausbreitungs-Barrieren dar, welche sich im Genfluss nachweisen lassen?
- Ist die Funktionalität von Biotopverbund- / Vernetzungsmaßnahmen an hochfrequentierten Verkehrsträgern in Baden-Württemberg im Genfluss hergestellt?
- Finden sich Hotspots genetischer Differenzierung (als Grundlage für geeignete Orte für Vernetzungsmaßnahmen / Rückzugshabitate / Trittsteinhabitate)?